Landschaft als Spiegel unserer Zeit | Dr. Michael Hermann
Text aus: NIKE New Art in Europe Nr.66 | 2004
Die Malerei stellt für den vielseitig interessierten Bremer Künstler Achim Locke immer die wesentliche Gattung seines künstlerischen Schaffens dar. Nach intensiver Beschäftigung mit Rauminstallation, Kunst-am-Bau-Projekten und druckgrafischen Methoden besinnt er sich ganz auf Farbe und Form im konventionellen Sinne.
Künstlerische Entwicklungen dieser Art sind zu Beginn des 21. Jahrhunderts keineswegs ungewöhnlich. Obwohl die Malerei immer wieder totgesagt wird, ist sie doch momentan eine gefragte Kunstgattung, die sich in den schillerten Varianten im internationalen Kunsthandel, in Museumsausstellungen und Kunstvereinen präsentiert. Eher selten, wie im Falle Achim Lockes, ist eine Rückbesinnung auf die frühen Vertreter abstrakter Malerei.
Ähnlich wie bei seinen künstlerischen Vorbildern manifestieren sich automatisch angelegte Arbeiten, die durch eine noch ansatzweise figurative Bildsprache dem Betrachter leise Hinweise einer Lesbarkeit geben.
Es tauchen fragmentarisch angedeutete Figurengruppen in den Bilderwelten auf, die durch ihre Größenproportionen den Bildraum definieren. Es geht um Begegnung, Kommunikation oder Isolation, um Themenbereiche, mit denen wir täglich konfrontiert werden, und letztlich um ein künstlerisches Nachdenken über Existenz und Koexistenz.
Poesie im Dazwischen I | Öl a. Karton | 42 x 42 cm | 2001
Die hier abgebildeten abstrakten Skizzen lassen sich ohne Schwierigkeiten in das Thema Landschaft eingliedern. Durch eine Vielschichtigkeit des Farbauftrages und der Farbkontraste entstehen Tiefenillusionen, die den Blick des Betrachters ins Weite leiten. Hier und da befinden sich Reste einer Horizontlinie oder einer zerklüfteten Phantasieregion.
Poesie im Dazwischen II | Öl a. Karton | 42 x 42 cm | 2001
Natürlich geht es Achim Locke nicht um das bloße Abbilden einer Naturidylle. Er begreift Landschaft als unseren Lebensraum und damit als Spiegel unsere zeit, der durch unser Dasein einer ständigen Verändern unterworfen ist. In einer Zeit, in der sich unsere Welt in einem Wandel befindet, geografische, wirtschaftliche und kommunikative Grenzen neu definiert werden, sind künstlerische Reflexionen wichtige Zeitdokumente und Denkanstöße.
Poesie im Dazwischen III | Öl a. Karton | 42 x 42 cm | 2001
Beim Betrachen einer Werkgruppe, wie sie hier vorliegt, stellt sich immer die Frage nach dem zeitgemäßen künstlerischen Schaffen oder nach dem Zeitbezug, der Aktualität eines Werkes. Wir alle wissen, dass die Zeit des Informell, Abstrakter Expressionismus oder wie wir es auch immer nennen wollen ihre Hochblüte vor einem halben Jahrhundert hatte. Wir kenne die vielen Werke von Schumacher, Thiele, de Kooning etc., die einen großen Einfluss auf heute arbeitende Künstler ausüben. Viele der nachfolgenden Werke verblassen im Dekorativen, Epigonalen und können ihre einst angestrebten Inhalte nicht mehr vermitteln. Ich warne aber davor, abstrakte Bildwerke, die in unseren Tagen entstehen, vorschnell in diese Kategorie einzureihen, denn es gibt andere Bewertungsgrundlagen für ein Kunstwerk. Ist ein Werk in der Lage eine innere Geschlossenheit zu vermitteln, einen Mikrokosmos entstehen zu lassen, dann wird nach längerem Hinschauen eine künstlerische Kraft deutlich, die letztlich über die Qualität der Arbeit entscheidet.
Achim Locke studierte visuelle Kommunikation In giessen und Frankfurt und lebt und arbeitet seit
Beginn der 80-er Jahre mit Unterbrechung in Bremen. 992 bis 1998 lebte er in Umbrien, wo er mit der Künstlergruppe Trebisonda zusammenarbeitet.